Andrea Schurian - Part 17

Andrea Schurian

Kunst Kultur Kommentare Kolumnen


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01
Aug

Von stationärer Sommerfrische und anderen Inszenierungen

Ich kann mir schon vorstellen, was Sie jetzt denken: nämlich, dass jede anständige Kulturjournalistin zur Zeit in Salzburg residiert und, verkleidet als Prada-Fendi-Gucci-Trutschi,  gewissenhaft Fest- und andere Gesellschaftsspielpläne studiert.   Außerdem vorher, nachher und zwischendurch Festival-Tourneen quer durch Österreich unternimmt.  Prinzipiell  richtig gedacht. Nur, leider, finden die Sommerfestivals, wie ihr Name schon sagt, im Sommer statt.  Und da bin ich mehrzeitlich verhindert.  Ich gehöre nämlich der vom Aussterben bedrohten Neigungsgruppe der stationäre Sommerfrische an. Heißt: ich übersiedle Anfang Juli meine wichtigsten Arbeitsutensilien, iPod, Notebook, meine Kinder,  sowie ausreichend Literatur und Lesefutter  von Wien in ein  Bootshaus an einem Kärntner See und, ja. Rühre mich nur in äußersten Notfällen -  etwa zum Nachschub von Zeitungen, Milch, Brot, Sonnen- und Eiscremes -   von der idyllischen Stelle. Nicht immer leicht, diese selbstverordnete Kultur-Abstinenz. Denn Punkt Ferienbeginn verwandelt sich Österreich in eine Opernair-Bühne. Auf Burgen, in Schlössern und Klöstern, hinter jedem Kuhstall eine Sommer-  auf jedem Teich eine Seebühne,  Musicals, Operetten, Dramen spielen sich ab vom Boden- über  Neusiedler- und  Wörther- bis an den  Ossiachersee.  Mittendrin Salzburg, diese  Festung  Hohen Kunstgeschmacks. Mutter aller Festspiele. Nabel der Welt.  Und ein neuer Festspielintendant. Sehr sympathisch. Jürgen Flimm sagt, dass Salzburg endlich  in der Gegenwart ankommen muss,  denn  die Uhren ticken in Richtung Zukunft. Konkret sieht das dann so aus, dass die radikale Gegenwart  der 1960er offenbar die gegenwärtigste Gegenwart ist, die für heuer zu kriegen war. Vor 40 Jahren verdichtete Thomas Bernhartd   seine Hassliebe zu Salzburgs Festspielauftrieb  auftragsgemäß  zu seinem „Fest für Boris”; doch das „Lieblosigkeitsgastmahl” (©FAZ ) dreizehn beinloser Krüppel bei ihrer ebenfalls  beinlosen Wohltäterin  wurde dem Publikum damals nicht serviert; und heuer nicht bein-, sondern eher zahnlos aufbereitet. Also gegenwärtig keine Bernhardsche Anti-Jedermann-Provokation, dafür religiös-moralisch-kitschiger „Jedermann”-Grusel mit hervorragenden SchauspielerInnen am Domplatz.  Dass Andrea Breth in Salzburg Oper inszeniert: großartig! Und obwohl Netrebko- und Vilazon-frei, brachte der ORF Tschaikowskys  „Eugen Onegin” im Sonntag-Hauptabendprogramm. Danke!  Auch  wenn die Quote flau war. Vermutlich sind wir völlig seitenblickeversaut, sehen statt Kunst lieber Glanz und Glamour,  Geld-und Blutadel, A-B- und C-Promis,  aufgebrezelt, aber hallo! Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler outet ihre ganz persönliche Premiere: erstmals Leggings, weil sie ihre schönen Beine nicht in weiten Hosen verstecken möchte. Plusminus 205 Events wird sie besuchen. Macht ca. 10 Minuten für eine Ausstellung.  Arg wenig,  um was zu sehen. Aber genug, um gesehen zu werden.  Und ich? Schaue aufs  tiefdunkle Wasser, der Vollmond hängt seine blassgelbe Kugel  in den ruhigen See. Dramatische Inszenierung. Kitschig? Schön! Sommerfrische eben.


24
Jul

Einsame Spitze: Frauen an Universitäten

Damit das auch einmal gesagt wäre: unsere Urururururenkelinnen haben wirklich schöne Zukunftsaussichten. Wenn’s denn so schön langsam weitergeht mit Frauenkarrieren an den heimischen Un iversitäten,  dauert es nämlich hochgerechnet  eh nur  mehr läppische 910 Jahre, bis im Jahr 2917  endlich  gleich viel  Frauen wie  Männer in Österreich eine Universitätsprofessur  innehaben werden. So gesehen hat dieser Sommer  echt  vorbildlich  begonnen. In Wahrheit ist es kaum  zu glauben, aber wahr, dass erst heuer, im Juli 2007!!  120 Jahre, nachdem die erste Frau an einer österreichischen Universität zum Studium zugelassen wurde, zum ersten Mal!  eine Frau! an die Spitze einer österreichischen! Universität  gewählt wurde. Mit dieser geradezu kulturrevolutionären Entscheidung  ist Österreich einen Millimeter mehr  ins  3. Jahrtausend und  Ingela Bruner  vermutlich ans Ziel ihrer beruflichen Träume vorgerückt. Die neue Rektorin an der Wiener Universität für Bodenkultur hat auch  als erste Frau in Österreich ihren Doktor  in  Maschinenbau gemacht.Eine Pionierleistung, denn noch in den  1970er Jahren war die Entscheidungshoheit über Familien- und Erziehungsfragen per Gesetz rein  männlich;  der  Mann war  das unumschränkte Oberhaupt im trauten Heim,  die Frau das Heimchen, Hausfrau und Mutter. Wollte  sie einen Beruf ausüben, brauchte sie die Zustimmung des Ehemanns.

Erst 1983   fiel übrigens das „Heiratsverbot” für geschiedene Frauen  und erst damals wurde auch Vergewaltigung innerhalb der Ehe strafbar.

Frauen sichtbar machen, heißt ein Projekt der Wiener Frauenstadträtin.  Nicht, dass wir Frauen tatsächlich  unsichtbar wären. Wir sind auch nicht, wie als allgemein bekannt vorausgesetzt werden darf,  in der Minderheit, daher auf keinen Fall das mindere Geschlecht. Oder etwa  Minderleister - ganz im Gegenteil. Allerdings scheint  es so, dass die Gesellschaft, oder,um genau zu sein: die männliche Minderheit dieser Gesellschaft, ganz gern über uns hinwegschaut. Uns nicht wahrnimmt. Gläserne Decken einzieht.  Oder sich auf eine Damenklofrage kapriziert, wie seinerzeit die Wiener Philharmoniker.  Die Häuslfrage wurde geklärt, der langjährige Vorstand und Frauenverhinderer Werner Resel legte empört seine Funktion zurück, weil  Österreichs berühmtester Klangkörper seit 1997 auch Frauen mitspielen lässt. Heuer ist also 10jähriges Jubliäum, die Frauenquote bei den Philharmonikern  ist dramatisch - niedrig: eine fixe Musikerin, zwei Substitutinnen. Dirigentinnen? Ja. Eh.  30 Prozent der österreichischen AbsolventInnen von Instrumentalstudien sind weiblich, aber nur ca 10 Prozent dürfen in österreichischen Orchestern musizieren. In den USA ist der Frauenanteil drei- bis viermal so hoch. Ähnliches, Leute, ist aus dem Bereich bildende Kunst zu vermelden. Männer mit Geld und Macht sammeln Männer, die Kunst machen, auch wenn die Kunststudierenden mehrheitlich weiblich sind.  Womit wir wieder elegant  an die Universitäten zurückgekehrt wären. Im Durschnitt aller   Studienabschlüsse halten Frauen  einen - wenn auch knappen - Vorsprung vor ihren männlichen Kollegen. Ab da  nimmt der Frauenanteil an den Universitäten rapide ab.  Nur mehr ca. 30 Prozent der Assistenzstellen sind mit Frauen besetzt,  bei den ProfessorInnen sind es gar unter  10 Prozent.   Wenig verwunderlich, dass in einer EU-Studie  Österreich den vorletzten Rang  in Sachen Frauen-Anteil in der Forschung einnimmt. Macht nix, bekanntlich vergehen ja 900 Jahre wie im Flug und dann:   siehe Anfang. Langfristig gesehen haben wir Frauen echt super Zukunfstaussichten.


24
Jun

Venedig: Bed&Breakfast für Wald und Wiese

Eigentlich ist dieser  Brief aus Wien ja  ein Brief aus Venedig, von der  Seh-Schlacht am Canal Grande: alle 2 Frühlinge eröffnet   in der Lagunenstadt das weltberühmte Kunstspektakel namens  Biennale. Die Kunstwelt trifft sich. Ich auch.  Nur, leider,  vorbereitungsmäßig läuft von meiner Seite  einiges schief. Etwa die rechtzeitige Zimmerreservierung.  Diesmal habe ich  gezählte 75 Hotels angemailt, in der Hoffnung auf Bett und Bad, von Fünfstern  abwärts - Luxushotels wären für 800 Euro/Nacht zu haben gewesen.  Letztendlich wurde es dann für schlappe 180 Euro Bed&Breakfast in Canareggio, zwar ohne Breakfast, aber dankenswerterweise wenigstens mit Bed. Außerhalb der Touristenzone, sehr venezianisch, wirklich;  und sehr sehr schön,    auch  wenn man sich nächtens im  Gassengewirr regelmäßig verläuft. Aber zur Belohnung in eine der schönsten  Bars von Venedigs fällt und fernab der Kunstwelt gemeinsam mit Venedigs Nachtschattengewächsen im herannahenden Morgen ertrinkt. Sozusagen. Und dann hat man natürlich zu 100Prozent die falschen Sachen im Biennale-Reisegepäck.  Vor vier Jahren beispielsweise war  ich  ohne  Sonnenschutz angereist. Damals hatte es in Venedig 35 Grad im Schatten,  nur leider gab’s  in der Gasse, wo man sich für Biennale- Pressekarten anstellen musste,  keinen Schatten, sondern  pralle Sonne, stehende Luft  und eine in Lebenszeit  umgerechnete  3stündige Schlange:  Hitzekoller, Sonnenbrand oder keine Pressekarte.  (Ich habe mich für  Sonnenbrand entschieden). Vor zwei Jahren: detto.Heuer habe ich  deshalb vorausgedacht;   Fächer im Biennale-Gepäck obenauf, und drunter  Sonnenhut und luftige Sommerkleidchen. Blöderweise hat es von den 3 Vorbesichtigungstagen 2 aber sowas von geschüttet.  Schirm? Nächstes Mal. Schlapfen sind im Regen insofern eh praktisch, weil es vorn reinregnet und hinten rausläuft. Was aber kein Synonym für die Biennale sein sollte.Apropos Biennale,  deswegen bin ich ja in Venedig. Ich sag’s verkürzt: Sophie Calle im franz.Pavillon ist eine mit Videos, Lesestoff  und somit Inhalt (viel zu) vollgeräumte Bude.  Bei den Deutschen erinnert  Iza Genzkens recht banale Installation aus Reiseutensilien aller Art   nur an die eigene touristische Blamage, immer das falsche einzupacken. Der  ägyptische Pavillon,angerammelt wie immer, schaut aus wie ein Nilreisen-Reisebüro.  Brioeisenbahnartiges Konstrukt  im australischen Pavillon, grottenolmschlecht: Kanada; Kunst zum Mitnehmen - von der Zuckerlinstallation und dem Plakatquader -von dem vor 10 Jahren verstorbenen kubanischen Künstler Felix Gonzales Torres im US-Pavillon,.  Viel Materialaufwand für wenig Erkenntnis im serbischen Pavillon. Undsoweiterundsofort. Nicht zu vergessen: Afrika! ein Pavillon für alle Länder  - oder: der staatenlose Kontinent. ja, und dann großes Glück im Ö-Pavillon: Riesenformate und ein paar mittelgroß dimensionierte Bilder von  Herbert Brandl,  Landschaften, Sonnenuntergang,  Brandl, ein Wald- und Wiesenmaler im besten Sinn des Wortes.  Kein Schnickschnack, keine Tricks.  Endlich. Einfach. Gute Malerei.  P.S: Am letzten Tag passte dann auch das Wetter zu meinem Kofferinhalt. Und der Titel „Himmel über Venedig” wieder zu meinem  Filmporträt über Herbert Brandl.


24
Jun

Morbide Schönheit Venedig

Eigentlich ist dieser  Brief aus Wien ja  ein Brief aus Venedig, von der  Seh-Schlacht am Canal Grande: alle 2 Frühlinge eröffnet   in der Lagunenstadt das weltberühmte Kunstspektakel namens  Biennale. Die Kunstwelt trifft sich. Ich auch.

Nur, leider,  vorbereitungsmäßig läuft von meiner Seite  einiges schief. Etwa die rechtzeitige Zimmerreservierung.  Diesmal habe ich  gezählte 75 Hotels angemailt, in der Hoffnung auf Bett und Bad, von Fünfstern  abwärts - Luxushotels wären für 800 Euro/Nacht zu haben gewesen.  Letztendlich wurde es dann für schlappe 180 Euro Bed&Breakfast in Canareggio, zwar ohne Breakfast, aber dankenswerterweise wenigstens mit Bed. Außerhalb der Touristenzone, sehr venezianisch, wirklich;  und sehr sehr schön,    auch  wenn man sich nächtens im  Gassengewirr regelmäßig verläuft. Aber zur Belohnung in eine der schönsten  Bars von Venedigs fällt und fernab der Kunstwelt gemeinsam mit Venedigs Nachtschattengewächsen im herannahenden Morgen ertrinkt. Sozusagen.

Und dann hat man natürlich zu 100Prozent die falschen Sachen im Biennale-Reisegepäck.  Vor vier Jahren beispielsweise war  ich  ohne  Sonnenschutz angereist. Damals hatte es in Venedig 35 Grad im Schatten,  nur leider gab’s  in der Gasse, wo man sich für Biennale- Pressekarten anstellen musste,  keinen Schatten, sondern  pralle Sonne, stehende Luft  und eine in Lebenszeit  umgerechnete  3stündige Schlange:  Hitzekoller, Sonnenbrand oder keine Pressekarte.  (Ich habe mich für  Sonnenbrand entschieden). Vor zwei Jahren: detto.

Heuer habe ich  deshalb vorausgedacht;   Fächer im Biennale-Gepäck obenauf, und drunter  Sonnenhut und luftige Sommerkleidchen. Blöderweise hat es von den 3 Vorbesichtigungstagen 2 aber sowas von geschüttet.  Schirm? Nächstes Mal. Schlapfen sind im Regen insofern eh praktisch, weil es vorn reinregnet und hinten rausläuft. Was aber kein Synonym für die Biennale sein sollte.

Apropos Biennale,  deswegen bin ich ja in Venedig. Ich sag’s verkürzt: Sophie Calle im franz.Pavillon ist eine mit Videos, Lesestoff  und somit Inhalt (viel zu) vollgeräumte Bude.  Bei den Deutschen erinnert  Iza Genzkens recht banale Installation aus Reiseutensilien aller Art   nur an die eigene touristische Blamage, immer das falsche einzupacken. Der  ägyptische Pavillon,angerammelt wie immer, schaut aus wie ein Nilreisen-Reisebüro.  Brioeisenbahnartiges Konstrukt  im australischen Pavillon, grottenolmschlecht: Kanada; Kunst zum Mitnehmen - von der Zuckerlinstallation und dem Plakatquader -von dem vor 10 Jahren verstorbenen kubanischen Künstler Felix Gonzales Torres im US-Pavillon,.  Viel Materialaufwand für wenig Erkenntnis im serbischen Pavillon. Undsoweiterundsofort. Nicht zu vergessen: Afrika! ein Pavillon für alle Länder  - oder: der staatenlose Kontinent. ja, und dann großes Glück im Ö-Pavillon: Riesenformate und ein paar mittelgroß dimensionierte Bilder von  Herbert Brandl,  Landschaften, Sonnenuntergang,  Brandl, ein Wald- und Wiesenmaler im besten Sinn des Wortes.  Kein Schnickschnack, keine Tricks.  Endlich. Einfach. Gute Malerei.

P.S: Am letzten Tag passte dann auch das Wetter zu meinem Kofferinhalt. Und der Titel „Himmel über Venedig” wieder zu meinem  Filmporträt über Herbert Brandl.


16
Mai

Viennafair: Wahre Kunst

Die Welt ist voller Kunstmessen und, ja: es ist verdammt hart, unter den Besten zu sein. 1995 gab’s  in Europa schlappe zwölf Kunstmessen,  nur zehn Jahre später hat sich die Zahl auf   47 geradezu vervierfacht; heute sind es weltweit  längst mehr als  hundert  Kunstmessen,  jeden Monat wird irgendwo eine eröffnet,  Galeristen, Museumsdirektoren und Sammler rotieren auf nie endenden Kunst-Entdeckungsreisen. Auf der Suche nach ultimativen Schnäppchen zieht die Kunst-Karawane durch die    „Art Cologne”, Urmutter aller Kunstmessen; die Messe-Königin „Art Basel”, und ihre  mondäne Schwester  „Art Basel  Miami”, weltweit kommerziell erfolgreichste Kunstmesse und gleichzeitig „die teuerste Strandparty der Welt”(© Stefan Kobel, artmagazine); die smarte „Frieze Art Fair” in London, cooles rolemodel für jugendlichen Charme im Kunstbusiness,  „Art Forum” in  Berlin, „Armory Hall” in New York,  „Artefieri” in  Bologna, „Arco” in Madrid, „FIAC” in Paris  und jetzt also - zum 3. Mal im Messezentrum  -  durch die „Viennafair”. Es waren erfolgreiche Messetage in Wien,  strahlende GaleristInnen, gute Geschäfte, zufriedene Sammler. Alles bestens.  Vor allem, weil Wiens Kunstmesse - beziehungsweise ihr künstlerischer Direktor Edek Bartz -  dankenswerterweise auf den  noch nicht bis zum Abwinken durchdeklinierten   zentral- und osteuropäischen Raum focussiert.   Das Ergebnis: Echte Entdeckungen und ein  Besucherzuwachs von 18% gegenüber dem Vorjahr, Wien, das Tor zur Welt: ein Bild, das gefällt.   Preise steigen. Zumindest für einige Stars. Und die anderen?  Hoffen auf Entdeckung. Jobben. Oder richten Kunstsupermärkte ein. Kunst zu Billigstpreisen, weil nämlich das, was uns eigentlich wert und teuer sein sollte, nichts mehr kosten darf. Parallel zur Viennafair gabs in der letzten Aprilwoche „ARTmArt” im Wiener Künstlerhaus, 200 KünstlerInnen, 2000 Werke, alle um 70 Euro, Pech, wenn Sie nicht zugegriffen haben, sogar ein Original-Oswald Oberhuber war drunter! Aber nur keine Verzweiflung aufkommen lassen,  Sie haben noch intakte Chancen auf Billigkunstware;   in der  Wiener Westbahnstraße residiert „M-Ars”: da  gibt es alles, was ein Supermarkt braucht,   Kassa, Förderband,  Wühltische  und eine breite „Produktpalette” (ja, genauso heißt das auf der Homepage) Preisobergrenze ca. 890 €.  Und das

Fernsehen war zur Eröffnung da, alle Zeitungen voll davon. In der Auswahljury Kunsthallen-Matt, MAK-Noever und Lentos-Rollig, lauter Supernamen aus der Museumsdirektoren-Szene. Also eh super, diese Supermarkt? Geiz ist geil,  jetzt auch in der Kunst? Grässliche Vorstellung, ehrlichgesagt. Wahre Kunst. Oder Kunstware. Oder Warenkunst.  Oder: Kunst war. Markt ist.


02
Mai

Subventionen sind keine Almosen

Alles wird gut. Ganz gewiss! Wiens Kulturstadtrat hat für das Serapions Ensemble im Odeon zwar keine Subventionen, aber immerhin einen guten Rat parat, nämlich: bitte Ruhe bewahren. Das ist sehr lieb vom Stadtrat, weil Odeon-Gründer Erwin Piplits seit Ausbruch der Wiener Theaterreform vor zwei Jahren nervlich eher angespannt ist. Ungefähr so angespannt wie - mangels Subventionszusage - die finanzielle Situation seines Theaters, in das er und seine Lebens- und Arbeitspartnerin Ulrike Kaufmann über die Jahre viel Eigenkapital, ihre ganze Kraft, ihre Phantasie, ihr Talent, kurz: alles gesteckt haben. Das Odeon ist ihr Lebenswerk. International geachtet. Vielfach kopiert. Und weiter?

Am 17. April tagte der Kulturausschuss des Wiener Gemeinderates. Von diesem Gremium hängt viel ab, z.B. eine verbindliche Subventionszusage an das Serapionstheater . Von dieser Zusage wiederum hängt die weitere Planung im Odeon ab, weil sonst hängt das Ensemble in der Luft. Aufgehängt. Abgehängt. Die Stadt Wien hat Einblick in die Konten, weiß, ohne Subventionszusage ist das Odeon tot. Aber: Überraschung! Das Odeon stand am 17. April nicht auf der Kulturausschuss-Tagesordnung. Der Stadtrat mahnt Gelassenheit ein. Nur kein Theater. Es gibt schließlich auch noch einen Kulturausschuss im Mai. Und einen im Juni. Nix genaues weiß man natürlich aus heutiger Sicht nicht, aber eventuell ist das Odeon dann doch ein Pünktchen auf der Tagesordnung. Wobei, einiges wäre im Vorfeld von den Rathausjuristen noch zu prüfen (das hieß es in den vergangenen zwei Jahren verdächtig oft, da wurde geprüft, verworfen, in den Raum gestellt und kaum hatten die Serapionsleute die Prüfungsaufgaben brav erfüllt, Bilanzvorschläge und STiftungskonzepte abgeliefert, Gutachten erstellen lassen, da gab es neue Prüfungen, neue Aufgaben, neue Bedingungen.) Jetzt also die Tantiemen-Nachforderungen von Kaufmann und Piplits. Um wieder Subventionen der Stadt Wien zu bekommen, müssten die beiden zuerst auf ihre in 23 Jahren angelaufenen Tantiemen in der Höhe von 725.055 Euro verzichten. Und ja, die beiden Theaterwahnsinnigen tun genau dies: Sie geben eine bedingte Verzichtserklärung ab: “Dieser Betrag ist nur an uns zurückzuzahlen, wenn der Verein aufgelöst wird und diese Gelder nicht aus Subventionen stammen. Weiters ist nur zurückzuzahlen, wenn alle anderen Verbindlichkeiten zuvor getilgt wurden”. Dem Kulturstadtrat ist das zu wenig, er will den Totalverzicht. Er bezweifelt, dass die Tantiemenforderungen überhaupt berechtigt sind, was insofern eigenartig ist, als das Kontrollamt die Rechtmäßigkeit dieser Nachforderungen längst bestätigte - und nur bekrittelt hatte, dass die Gelder nicht zeitgerecht ausbezahlt worden waren. Ja, eh. Nur haben Piplits und Kaufmann das Geld immer lieber in ihr Theater gesteckt. Aber die beiden sind nunmehr sogar im Falle einer Zusage einer weiteren Förderung zum stadträtlich geforderten Totalverzicht bereit, „weil das lebende Theater und die Existenz der 20 Mitarbeiter absolute Priorität haben.”

Wie klingt das: ein österreichischer (Kultur)Politiker verzichtet freiwillig auf 2.627 Euro monatlich - kein Eckhaus für einen Gutverdiener -, das machte übers Jahr ein bisschen mehr als 31.000€, die er von seinem Gehalt abziehen müsste, in 23 Jahren wären es dann rund 700.000 Euro, die er weniger verdient hätte, aber weil er ein guter Politiker ist, würde er das machen, um, sagen wir: damit ein Theater am Leben zu erhalten. Blöder Witz? Sie haben recht.

Kunstministerin Claudia Schmied stellte unlängst die Frage, was denn einen Künstler zum Künstler mache.Genau das, Frau Minister: zum Bittsteller degradiert, kein geregelter 8-Stunden-Tag, sondern 24-Stunden-Einsatz für einen Hungerlohn; alles erwirtschaftete Geld fließt wieder in die Arbeit, in das nächste Projekt; kein persönlicher materieller Luxus; nicht konsumierter Urlaub schlägt sich natürlich nicht in finanzieller Abgeltung nieder, keine üppige Pension, kein fettes Ministerarbeitslosengeld àla KHG. Nur bei Künstlern gehört das Armutsgelübde zur Jobdiscription.

Im Herbst 2004 forderten die Theaterreformer, nach einer zweijährigen Übergangszeit das Odeon neu auszuschrieben. Also Piplits und Kaufmann zum Aufhören zwingen. Nun ist es, scheint’s, soweit. Weg mit den beiden. Nur offen sagen will es niemand, am wenigsten der Kulturstadtrat. Allerdings: die Einrichtungen des Odeon sind Eigentum des gleichnamigen Theatervereins, auf diesen Verein lautet auch der unbefristete, günstige Mietvertrag. Mit ihren Subventionen hat die Stadt weder Eigentumsrechte erworben noch Ablöseanzahlungen geleistet.

Vielleicht eine kleine Nachdenkhilfe für KulturpolitikerInnen: nein, Subventionsvergabe ist nicht Mäzenatentum; es handelt sich nicht um einen gönnerhaften Gnadenakt, um keine Almosen für Wohlverhalten. Auch nicht um staatliche Zensurmöglichkeit. Subvention ermöglicht.

Nach zwei Jahren Theaterreform wächst die Erkenntnis: nicht das Kuratorenmodell, sondern die gute, alte Gießkanne ist die einzige demokratie- und kulturpolitisch einwandfreie Subventionsvergabe; Kuratoren verwechseln Kunst mit Unkraut und rupfen aus, was die Gießkanne einst zum Blühen brachte. Aber vielleicht wird ja alles wieder vielfältig und gut. Oder?


24
Apr

Starmania wie gedruckt

Verzeihen Sie, wenn ich jetzt so daherkomme, aber. Aber wird Ihnen  diese Star-Sucht  und der mediale Zwang zur  superlativen Form vielleicht  auch  langsam öd? Star-Koch, -FriseurIn, -Schuster, -Schneiderin, -ModeratorIn, -Gast, -SchriftstellerIn: ohne „Star” vor der angestammten Profession geht nix mehr.  Meisterin  in dieser Kunst der Steigerungsform ist die Zeitung, die so heißt wie unser Land.

Vermutlich kann „ Österreich” gar nicht anders als superlativ zwangshandeln,  fachsprachlich nennt man sowas Manie. Star-Mania wie gedruckt, sozusagen.Selbst  EX-RAF-Terroristin Brigitte Mohnhaupt wurde vor ein paar Wochen in und von  „Österreich” zur „Star“-Terroristin aufgeputzt. Apropos Star: Die Kurier- Romy-Gala  haben alle tränenreich aber skandalfrei überstanden, keine politischen Apelle, keine frechen ModeratorInnenreden, alles lustig, Frau Spengler und Herr Marecek in der Garderobe eingesperrt, haha, wie das nur passieren konnte, hahaha,  das wurde natürlich ermittelt, vor allem aber wurden unsere Lieblinge aus Film und Fernsehen ermittelt. Günter Jauch auch, zum vierten Mal bereits.  Im Vorfeld der Romy-Verleihung wurde er  interviewt:  z.B,  warum er nicht Frau Christiansens Sonntagabend-Politttalk auf ARD übernommen habe. Da sagte er unter anderem: „Bei mir ist es ein altes Prinzip, dass, wenn sich die Dinge nicht so fügen, wie sie eigneltich sollten, es dann einfach sinnlos ist, daran festzuhalten. Dazu ist mir auch meine Freiheit zu wichtig.” Freiheit. Gut gesagt. Aber doch auch -  abgehoben, weil  mit satter Millionengage im Rücken ist leicht frei sein.  Die Wirklichkeit sieht nämlich so aus: Wer in  der Tretmühle  des Alltags nicht mitstrampelt, muss fürchten, auf der Strecke zu bleiben. Das bisschen    Freiheit lautet : „runterschlucken”, „aussitzen”, „weghören”, „kündigen” (letzteres wirkt sich meist recht schlecht auf das Familieneinkommen aus). Oder in Sendungen wie bei Herrn Jauch auftreten und auf den Millionengewinn hinraten. Romy schauen. Oder weiterzappen.Am Samstag wurden vom Kurier die beliebtesten Stars ausgezeichnet. Am Sonntag reichte „Österreich” ein Porträt über  „die begehrteste Frau Österreichs” nach.  Österreich Land? Oder  „Österreich” Zeitung? Und woher weiß zweitere, was in ersterem  am meisten begehrt wird? Die begehreste Frau  wurde gleichzeitig auch zum „Single der Woche” superlativiert und überstrahlt solcherart  die „Österreich”-Top-Ten-Liste der Single-Promis:   angeführt werden die Single-Charts von dem   leidenschaftlichsten Dancing Star, auf Platz zehn die größte schwarze Hoffnung der VP-Politik, dazwischen  Wiens schönste Sozialdemokratin und die attraktivste grüne Politpflanze.  Meine Herren! Hingeschaut. Die „begehrteste (Single-) Frau Österreichs” ist außerdem  die „strahlendste ORF-Erscheinung”; bzw. wie sich im Laufe des Artikels herausstellt, eine Synthese aus beidem: „Im Fernsehen ist  sie die begehrteste Frau des Landes”.

Wer ist’s? Auflösung nächstes Mal.


11
Apr

Staatsoper: Schick statt dick

Was meinen Sie: Ist der amtierende Wiener Staatsoperndirektor eigentlich sexy? Und ist er das auch noch am Ende seiner Amtszeit? Macht macht sexy. Aber dann kommt der Pensionsschock.

Nun hat also Staatsoperndirektor Joan Holender vor ein paar Wochen bekannt gegeben, dass er seinen 2010 auslaufenden Vertrag nicht mehr verlängern wird. Mit 75 wird er dann aber eh nicht in die Frührente gehen, weil er - qui und qua - quasi als fliegender Holender beraterisch und intendantisch tätig sein wird.

Es ist zwar schon ein Weilchen her, aber es empört mich immer noch, was uns der Staatsoperndirektor bei Claudia Stöckls Ö3-Frühstück verraten hat: „Wenn eine zunimmt, dann sage ich ihr schon: ‘Na, da hat es scheinbar wieder so richtig geschmeckt?’ Sie schaden damit ihrer Karriere und unserem Haus! Ich hasse dicke Sängerinnen.” Radikal ehrlich. Ehrlich radikal. Egal, welches Goldkehlchen vorstellig wird: zuerst auf die Waage, Stimmprobe erst nach Mess- und Maßgabe. Immerhin darf Montserrat Caballé derzeit in der Regimentstochter ihre großartige Stimme erheben, obwohl sie nicht wirklich eine Gertentaille hat.

Tja, verehrte Dam- und Herrschaften, Schick statt dick: leider hat Herr Holender in dem Interview nicht mitvermeldet, ob diese figürlichen Ansprüche auch für dicke Männer mit großer Stimme gelten. Und wie schaut es diesbezüglich für uns, das Publikum, aus? Kein Eintritt für mollige Menschen, zwecks Image-Schaden für die Oper?

Hallo ORF-Leute! Hochkultur-TV-Stammgast Holender könnte sich nicht nur zu Oper, SängerInnen, Kunst, Kultur, Kunstministerin, Koalitionsverhandlungen, Bundesregierung, Kanzler, Parteienbefindlichkeit, Budget - und wozu er sonst noch im Zweiwochen-Takt befragt wird - äußern, sondern auch noch zu Magersucht, Bullimie, Fettsucht, Essstörungen, Vorurteilen, Schönheit, Hass, Eleganz, Manieren. Operndirektoren müssen übrigens nicht zwangsläufig höflich, freundlich und emotional intelligent sein. Tatsache.

Beweise? Siehe oben. und wie folgt. Der Chef der Züricher Oper, Alexander Pereira, konstatierte in einem Presse-Interview, es gäbe im Moment keine Frau, die „das Standing für die Staatsoper hat. All jene, die da jetzt genannt werden, wären nach vier Wochen aufgerieben.” Warum? Und warum die Männer eigentlich nicht? Und wer reibt warum wen andern auf? Und warum wird Herr Pereira gefragt, ob ihn die Staatsoper interessieren würde? Er hätte bei Amtsantritt die 60 auch schon weit hinter sich gelassen. Gusenbauers Favorit Neil Shicoff ist wenigstens um einiges jünger. Aber da ja für die Staatsoperndirektion eh ein Tandem angedacht ist: schön wär’s, suchte die neue Ministerin nicht nur unter Herren, resp. älteren, nach einer geeigneten Nachfolge. Ob dick oder dünn: Frau wäre schön!


06
Apr

Samoa: Freu dich, Fremder

Fröhlich quiekend flitzt das Schweinchen über die Wiese, ein glückliches Haustier, fast so zahm wie der weiß gesprenkelte Hund, aber nur halb so bissig. Nein, es hegt keinen Verdacht, dass schon frühmorgens dicke Holzscheite auf den Umu, den Erdofen unter freiem Himmel, geschichtet werden; dass Kokosnüsse geköpft, Zwiebel geschält und Fische auf Bananenblättern drapiert werden. Nein. All das registriert unser glückliches Hausschwein nicht. Es beoachtet lieber das Huhn, das zielgenau in die Schüssel voll süßer, weißer Creme aus Kokosnussraspeln flattert. Tuni, der Bauer, scheucht das Federvieh weg, schürzt seinen braun gemusterten Lavalava, den Unisex-Wickelrock der Samoaner, ehe - ja, ehe er sich der heutigen Hauptspeise zuwendet. Continue Reading »


13
Mrz

Aus dem Zitatenkistlein



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