Frankfurter Buchmesse: 30 Fußballfelder voller Bücher | Andrea Schurian Schurian,Andrea+Schurian,

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10
Okt

Frankfurter Buchmesse: 30 Fußballfelder voller Bücher

Nun könnten wir uns ja kurz über eine Literatursendung im Leitmedium unterhalten, die sich angeblich  in besonderem Maße an Nicht-Leser wendet - ein  lustiges Konzept, das Nachahmer finden könnte: Frauenmagazin für Männer; Autozeitschrift für Fußgänger; Weinjournal für Antialkoholiker. Mehr kann ich zur Diskussion nicht beitragen, weil ich zur anderen Zielgruppe gehöre: ich lese. Selten verlasse ich das  Haus, ohne zur Notversorung ein Buch in der Handtasche mitzuführen. Gerade eben  Thomas Glavinic’ ausgesprochen erfrischenden Roman „Das bin doch ich”. Vorher Robert Menasses „Don Juan de la Mancha”,  vorher Sabine Gruber,  vorher Mordecai Richlers „Wie Barney es sieht” (allerdings, falls Sie dieses grandiose Buch auch lesen wollen: schändlicherweise vergriffen und nur mehr im Internet gebraucht erhältlich) und nachher Köhlmeier und Roth und Winkler und Julia Franck….Übrigens! Lesen ist nicht nur Hirntrainung,  sondern mitunter auch gut für die Figur, z.B.  jetzt in Frankfurt:  180.000 Quadratmeter, vollgestopft mit Büchern. Das  sind auf Sport umgerechnet rund 30 Fußballplätze aneinandergereiht, da kann man laufen, aber hallo!  Die Frankfurter Buchmesse, allherbstlicher  Austragungsort für das weltweit größte Literatur-Ländermatch, etwa 80 Prozent des internationalen Buchhandels werden hier getätigt, 7.300 Aussteller aus 110 Ländern werfen  an die 400.000 Bücher auf den Markt,  E neben U neben Schund neben Literatur neben Krimis neben Ratgebern neben Weltklasse neben Musikverlagen neben Verlagsriesen neben dicken Schmökern, neben  rechtem Käse…. Kleine Verlage mit hervorragendem Programm gehen fast unter im Gewoge. JournalistInnentrauben hängen in den und  um die Kojen, in denen  die Schreib-Stars gastieren und signieren. Unbekannte SchriftstellerInnen  warten scheu auf Interviewfragen, die aber nicht und nicht daherkommen, weil sie sich längst bei den prominenten KollegInnen verfangen haben;  Neulinge stehen verlegen bei den Verlagen herum, wandern schließlich fassungslos und zunehmend entmutigt hunderte Titel-Kilometer ab, verfallen in Depression und Krise angesichts von so viel Konkurrenz,  fragen sich, wer das wohl aller lesen soll, schwören sich, mit dem Schreiben aufzuhören und können doch nicht anders als schreiben. Gottseidank.  Abends dann erhöhte Anforderungen ans Fitness-Bewusstsein bei Verlags-Empfängen und Buchhändler-Parties, da drängen sich Journalisten- zu   Autorenschaften, fachsimpeln über den Schrecken vor der ersten Zeile, der ja den Gerichtsreporter ebenso regelmäßig zu überfallen pflegt wie die erfolgreiche Krimi-Autorin. Ja, und?,  fragt sich die suchende Leserin  nach taglangem Marathon, augenmüd, fußmarod und titelstad;  dabei hat sie  eh noch Glück gehabt, einen Kilo Lebendgewicht gegen drei Kilogramm Bücher im Handgepäck  eingetauscht und Qualität in den Quantitäten entdeckt. Andererseits, alljährlich das gleiche Fazit:

Dabeisein ist nicht alles. Dem  Gretchen graut immer noch vor  der  Frankfurter Buchmesse - aber nicht vor den  Büchern.



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