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27
Aug

Helga Rabl-Stadler: “Wir sind eine internationale Marke”

A.Sch: Es gab heuer viele Querelen als Begleitmusik, etwa durch das Kuratorium und dessen personelle und strukturelle Entscheidungen zu Beginn der Festspiele.

Rabl-Stadler: Das war fatal. Aber Sie verstehen, dass ich aus diplomatischen Gründen aus meinem Herzen eine Mördergrube machen muss.

A.Sch: Wie sehen Sie den veränderten Strukturen - Stichwort: Zweier-Direktorium - entgegen?

Rabl-Stadler: Schon unter Peter Ruzicka gab es die Überlegung, ob die Salzburger Festspiele nicht, wie andere Kulturinstitutionen auch, mit einer Zweierführung auskommen könnten. Ich fand, dass sich eine breitere Aufteilung immer bewährt hat. Ich bin die, die das Geld hereinbringt - zum einen durch öffentliche Subventionen, zum anderen durch private Mäzene und Sponsoren; und Gerbert Schwaighofer als kaufmännischer Direktor wacht über die Ausgaben und dreht jeden Euro zweimal um. Wer mich kennt, weiß, dass ich immer wahnsinnig viel gearbeitet habe, die Ernte haben wir ja jetzt. Es war nicht so, dass ich zusätzliche Aufgaben gesucht habe, aber ich nehme sie entschlossen an.

A.Sch: Fürchten Sie, dass es bei der Aufteilung der Agenden zwischen Alexander Pereira und Ihnen heftig krachen könnte?

Rabl-Stadler: Da bin ich eine gelehrige Schülerin meines Freundes Hans Landesmann: keinen Vorschuss auf Zores nehmen! Ich habe meinen Job jetzt mit Ruzicka, mit Flimm gemacht. Und ich trau’s mir auch zu, mit Pereira zusammenzuarbeiten. Alle sind ja eigentlich selbstbewusste Alleinherrscher. Sicher ist so eine neue Situation für beide schwierig. Aber Pereira und ich werden uns im Herbst intensivst zusammensetzen und klären, wie unsere Geschäftsordnung nach dem Vieraugen-Prinzip ausschauen soll. Pereira wird das Künstlerische, die Presse, das Marketing machen und wohl auch von Schwaighofer die Personalhoheit über das künstlerische Personal in seinen Aufgabenbereich übernehmen, ich nehme zusätzlich die Finanzen, das Kartenbüro und die Hausvermietungen. Das einzige mögliche Konfliktfeld sind die Sponsoren. Wir sind beide Europameister im Sponsorensuchen: Das könnte natürlich ein Krach werden. Oder, und daran will ich glauben, unsere Kraft könnte sich positiv potenzieren.

A.Sch: Wie ist es Ihnen gelungen, in diesem Krisenjahr die Sponsoren bei der Stange zu halten?

Rabl-Stadler: Erstens: Wir sind eine internationale Marke. Und alle internationalen Firmen möchten Kultur unterstützen, die überregionale Ausstrahlung hat. Zweitens ist es mir gelungen, von Anfang an ein ganz besonderes Vertrauensverhältnis mit den Sponsoren und Mäzenen aufzubauen.

A.Sch: Haben Sie Ihr Budgetziel für 2009 erreicht?

Rabl-Stadler: Ich war ehrlich gestanden der festen Überzeugung, dass die Wirtschaftslage sehr stark auf uns durchschlägt und wir unser Ziel nicht erreichen. Als ich im Herbst in London und New York war, haben selbst engste Freundesgruppen der Festspiele abgesagt. Aber wir hatten erfreulicherweise noch nie einen so starken Kartenverkauf während der Festspielzeit wie heuer. Wir haben allein diese Woche Karten um 330.000 Euro verkauft. Vorstellungen wie Theodora, Armida oder Nono haben im letzten Moment angezogen. Entgegen meiner negativen Erwartungen heißt das: Bezüglich der Karteneinnahmen überschreiten wir sogar das Budget.

A.Sch: Also konnten Sie in einem Jahr der Krise Ihre Einnahmen steigern?

Rabl-Stadler: Korrekt ist: Wir haben das Budget übertroffen.

A.Sch: Das Festspiel-Budget beträgt 50 Millionen Euro, rund 13 Millionen davon kommen von der öffentlichen Hand. Heuer gab es eine Erhöhung. Aber für die nächsten zwei Jahre hat Landeshauptfrau Gabi Burgstaller ein Einfrieren der Subventionen angekündigt. Nachvollziehbar?

Rabl-Stadler: Wir haben heuer ca. 300.000 Euro mehr bekommen. Aber allein die Gehaltserhöhungen der Mitarbeiter betragen mehr als eine Million, fast 800.000 Euro mussten wir also selbst dazuverdienen. Es trifft mich daher unerwartet, dass jetzt schon wieder vom Einfrieren die Rede ist. Es wurde diskutiert, dass wir 2010 keine Erhöhung bekommen. Damit muss man in dieser schwierigen Zeit leben. Aber die Ankündigung, dass auch danach die Unterstützung eingefroren bleibt, das ist für den neuen Intendanten ein ganz dicker Prügel vor die Füße.

A.Sch: Wie wollen Sie dem kommerziellen Druck gegensteuern? Die Auslastung steigern? Nur mehr Publikumshits und weniger künstlerisches Risiko? Die Kartenpreise erhöhen?

Rabl-Stadler: Wir denken nicht daran, die Kartenpreise zu erhöhen. Das haben wir in den fünfzehn Jahren meiner Präsidentschaft nie gemacht. Ich bin aber auch dagegen, sie zu senken: Die Hälfte der Karten kostet weniger als 100 Euro. Und derzeit sind wir bei einer Auslastung von 93 Prozent, also utopisch hoch. Aber es muss möglich sein, eine Oper auf den Spielplan zu setzen, wo ich nur eine Auslastung von 60 Prozent erwarten kann - denn deshalb habe ich ja einen Figaro, der eine hundertprozentige Auslastung verspricht. Das Erfolgsrezept der Festspiele war immer die richtige Mischung. Nur Sachen anzusetzen, die todsicher sind, ist meiner Meinung nach der sicherste Weg in die künstlerische Bedeutungslosigkeit.

A.Sch: Können Sie verstehen, dass die Menschen nicht verstehen, wenn so viel Geld in die Salzburger Festspiele fließt, während das Arbeitslosengeld nicht einmal das Existenzminimum sichert?

Rabl-Stadler: Ich bedanke mich sehr gern bei den Steuerzahlern. Sie haben mitgeholfen, das neue Haus für Mozart zu zahlen - auch wenn wir, was weltweit einzigartig ist, 42 Prozent aus eigenen Mitteln beigetragen haben. Aber der Steuerzahler zahlt nicht unsere Subventionen. Sondern er bekommt im selben Jahr mehr an Steuern zurück, als wir an Subventionen kriegen. Außerdem sind wir ja für acht Wochen mit 3600 Mitarbeitern der größte Betrieb des Landes Salzburg. Und von Umwegrentabilität möchte ich gar nicht reden: Ohne Festspiele würden Tourismus und Handel verheerende Umsatzeinbußen haben und damit hunderte Arbeitsplätze bedroht sein.

A.Sch: Nächstes Jahr feiern die Festspiele 90-jähriges Jubiläum. Wie schauen Ihre Prognosen aus?

Rabl-Stadler: Ich bin, was das Finanzielle angeht, wieder nicht so optimistisch, obwohl wir ein besonders attraktives, leichter zugängliches Programm als 2009 haben werden. Ich möchte das Jubiläum als Trägerrakete für die nächsten Jahre verwenden. Es wird einen Richard Strauss geben; unsere schönen Mozartopern; die Uraufführung einer Rihm-Oper. Anna Netrebko wird die Juliette in Romeo und Juliette singen - jene Rolle, die sie uns absagen musste, weil sie damals schwanger wurde. Und was uns alle sehr freut: Es wird wieder zu einer Zusammenarbeit von Harnoncourt und Flimm kommen

Zur Person:
Helga Rabl-Stadler, 1948 in Salzburg als Tochter von Gerd Bacher geboren, war Journalistin (u. a. “Kurier”), Miteigentümerin des Modehauses Resmann in Salzburg, ÖVP-Politikerin und Chefin der Salzburger Wirtschaftskammer. Seit 1995 ist sie Präsidentin der Salzburger Festspiele



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