Elina Garanca und Karel Mark Chichon: Musik ist ihr Leben | Andrea Schurian Schurian,Andrea+Schurian,

Andrea Schurian

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12
Jun

Elina Garanca und Karel Mark Chichon: Musik ist ihr Leben

Gemeinsame Auftritte, das schon, sie  auf der Bühne, er am Dirigentenpult, ein musikalischer Hochgenuss. Aber Privates muss privat bleiben, keine offenherzigen Interviews, keine öffentlich zelebrierten Ehekrisen, keine Schlüssellochgeschichten,  nicht einmal gemeinsame Fotos, „denn die landen sofort in der Yellow Press. Wir brauchen das nicht für unsere Popularität”, da sind die weltberühmte Mezzosopranistin Elina Garanca und ihr nicht minder bekannter Mann, der Dirigent Karel Mark Chichon, ganz strikt.  Die Bussibussigesellschaft halten sie sich, so gut es geht, vom Leib. Und  tauchen lieber  gemeinsam ab, 20 Meter unter dem Meeresspiegel ist ihre Freiheit grenzenlos: „Wenn man mitten in die Fischschwärme hineinschwimmt, dann beobachten dich die Fische, wie du dich bewegst, ob du sie störst. Aber ansonsten bist du ihnen völlig egal. Es macht dich so unwichtig. Und das ist großartig.”

Seit sieben Jahren sind die gebürtige Lettin, die mühelos zwischen englisch, deutsch, italienisch, russisch und lettisch wechselt   und der in London geborene,in Gibraltar aufgewachsene  Musiker mit französischen, tschechischen, italienischen und argentinischen Wurzeln  ein Paar, im Juli feiern sie zweiten Hochzeitstag. „Aber beziehungsmäßig sind wir noch Anfänger”, Garanca lacht vergnügt,  „erst kürzlich waren wir mit einem Ehepaar essen, das ist seit 27 Jahren verheiratet.”

Garanca, 32, berühmt für ihre  faszinierenden Rollenporträts,  feierte heuer ein umjubeltes Debüt an der New Yorker Metropolitan Opera, voriges wurde sie in Deutschland als „Sängerin des Jahres” ausgezeichnet;  Chichon, 36, Chefdirigent der Grazer Symphonie, dirigiert die aufregendsten Orchstern weltweit: ein vielreisendes Künstlerpaar, dessen Lebensmittelpunkt   eine Mietwohnung nahe des Wiener Karlsplatzes ist. Mindestens alle drei Wochen sehen sie einander, gute Organisation und Vorausplanung sei dank.

In den kommenden Monaten fällt die Vorausplanung besonders leicht: am 14. Juni treten sie gemeinsam im Römersteinbruch St. Margarethen im Burgenland auf, am 23. Juni in der Wiener Stadthalle bei der Gala der Opern-Weltstars und am 9. Juli im Stift Göttweig.

Vermutlich werden Sie das ständig gefragt: aber wie schwierig ist es, mit dem Ehepartner gemeinsam aufzutreten?

G: Ich muss zugeben: ich bin mit dem Menschen, den ich kenne, viel ungeduldiger. Bei uns kracht es öfter. Das  war auch schon so mit meiner Mama.  Ich glaube, das ist nichts ungewöhnliches, wenn es in einer Familie zwei Schauspieler, Musiker oder Maler gibt: irgendwann kracht es, wenn es um den Job geht.

Aber andererseits fühle ich mich mit ihm  am sichersten. Er kennt mich, er weiß, wie wie ich mich seit dem Morgen  fühle. Er ist wirklich zu 300 Prozent für mich da, er nimmt sich Zeit, er ist geduldig, er erlaubt mir genauso viel, wie ich brauche, weil er weiß, dass es für meine Entwicklung wichtig ist.

Nehmen Sie die Arbeit mit nach Hause?

G: Wir versuchen, Privatleben und Beruf total zu trennen, wobei: vor einer Premiere, einem Konzert oder einem  neuen Repertoire schleicht es sich ein. Aber grundsätzlich nehmen wir uns abends vor dem Schlafengehen zwei bis drei Stunden Zeit nur für uns.

Dieses Interview ist für die Zeitschrift „Compliment”. Wie wichtig sind Ihnen Komplimente?

G: (lacht) Gibt es einen Menschen, der keine Komplimente mag? Ich kenne niemanden. Es ist schön, am Morgen mit zerzausten Haaren aufzuwachen und dein Mann oder Frend sagt dir, dass er dich wunderschön findet. Was will man mehr? Ich habe Glück, mein Mann macht mir täglich Komplimente.

Ch: Wirklich? Das fällt mir gar nicht auf.

Viele Männer sagen, Sie brauchen keine Komplimente.  Wie ist das bei Ihnen?

Ch: Ich bin eine sehr scheue Person. Wenn mir jemand wegen meiner Arbeit Komplimente macht, dann freue ich mich natürlich, aber es macht mich verlegen.

Man muss lernen, damit umzugehen.

G: Ja, man setzt eine Maske auf und bedankt sich. In unserem Beruf lernt man zu unterscheiden, ob es leere Komplimente sind oder die Menschen es aufrichtig meinen. Und man selber weiß ja auch ganz genau, ob man das Kompliment wirklich verdient oder ob es nur netter Society Talk ist.

Geht Ihnen Ihre Prominenz manchmal auf die Nerven?

G: Wir sind doch im Vergleich zu meinen Kollegen sowieso eher unbekannt. .  Aber natürlich bemerke ich nach einer großen Premiere, wenn es Kritiken in den Zeitungen gibt, dass die Menschen in der Straßenbahn oder in Kaffeehaus schauen. Ich mache einen öffentlichen Beruf und das gehört dazu. Aber wenn ich glaube, die Aufmerksamkeit wird zu viel, dann verschwinden wir einfach von der Bildfläche.

Wohin verschwinden Sie da?

CH:  Wir lieben Sardinien, die Art zu leben, das Essen, die wunderschöne Landschaft, die Strände. Sogar im Juli, trotz der Touristen, haben wir auf Sardinien das Gefühl von Alleinsein.  Wir schätzen es, ungestört zu sein, in Ruhe gelassen zu werden.

G: Wir lieben Tiefseetauchen. Es gibt mir so ein unglaubliches Gefühl von Freiheit. Freiheit, die nicht erkauft werden kann.  Es ist lustig: ehe ich das erste Mal getaucht habe, träumte ich immer, ich könnte unter Wassser atmen. Seit wir tauchen, ist der Traum vreschwunden. Weil ich weiß, wie es unter Wasser ist.

Ch: Menschen, die ständig unter öffentlicher Beobafhtung stehen, brauchen diese Art von Einsamkeit. Dieses Gefühl, mit sich allein zu sein.  Man muss achtgeben, dass einen das öffentliche Leben nicht völlig vereinnahmt. Sonst  verliert den Bezug zu sich selbst.  Es ist  ein unglaublich schönes Gefühl unter Wasser, frei zu sein. Man sieht Dinge, die nichts mit dem täglichen Leben zu tun haben. Man hat eine wunderbare Ruhe, kann schauen und gleichzeitig auch nachdenken.

Aber es ist auch gefährlich. Man ist der Natur ausgeliefert.  Haben Sie nicht Angst, dass etwas schief gehen kann?

G: Wenn ich tauche, denke ich nicht an die Gefahr. Da arbeiten die Maschinen für dich. Wir tauchen immer in der Gruppe. Und wenn ich unten bin, denke ich an gar nichts, sondern schaue mir die Seesternchen an.

Ch: Du bist da anders als ich. Ich liebe die Gefahr.  Ich kann nicht fliegen, aber es ist mein Ehrgeiz, eines Tages selber ein Flugzeug zu pilotieren. Ich liebe die Gefahr. Wenn man nichts riskiert, ist es uninteressant.

Das gilt doch auch für den Beruf. Muss man nicht auch in der Kunst immer an die Grenzen gehen, alles riskieren?

Ch: Wenn ein unbekanntes Orchester an einem berühmten Platz spielt: dann kann es auf Sicherheit gehen oder alles riskieren.

G: Ich glaube, auch das Publikum spürt, ob es ein Routineabend ist oder ob du alles riskierst.

Was singen Sie denn am liebsten?

G: Eigentlich singe ich nur Wunschpartien.  Eine, die ich nicht mehr so gern gesungen habe, die Dorabella in „Cosí fan tutte”, von der habe ich mich jetzt verabschiedet. Es war für meine Stimme keine Weiterentwicklung mehr möglich. Dann brauche ich neue Aufgaben. Ich träume, einmal die Amneris  in der „Aida” zu singen, aber das sind noch mindestens zehn, zwölf Jahre bis dahin.

Wie geht es Ihnen mit dem Älterwerden. Haben Sie Angst davor?

G: Ich mache mir Gedanken, das schon. Aber Angst? Ich sage immer, ich werde nicht bis 70 auf der Bühne stehen. Ich glaube, mit Mitte 50 wird es mir genug sein: weil ich nicht mehr kann; weil es mich nicht mehr interessieren wird; weil ich mich ausgebeutet fühle; weil ich genug auf der Bühne gestanden bin. Ich überlege mir schon auch, was ich dann machen werde, unterrichten beispielsweise. Oder Theaster oder Theaterregie. Oder Schauspiel, das würde ich sehr gern amchen. Aber ich glaube, wenn es vorbei ist, ist es vorbei. Sicherlich ist Singen jetzt ein wichtiger Teil meines Lebens, aber ich möchte nicht nur auf meine Karriere bauen.  Wir wollen eine Kinder haben, dieses Jahr ein Haus kaufen. Ich will mich auch als Frau weiterentwickeln und da gehören Kinder dazu. Wenn ich nicht mehr singe, bin ich hoffentlich eine gute Mama. (Sie schaut lachend zu ihrem Mann) Und dann reist er dirigierend durch die Welt und ich warte zu Hause mit den vorgewärmten Pantoffeln und koche das Abendessen.

Aller ist immer noch ein großes Tabu in unserer Gesellschaft. Vor allem Frauen sollen ewig jung und faltenfrei bleiben. Das heißt: jeder wünscht sich ein langes Leben,aber niemand will alt sein.

G: Ich erinnere mich nicht mehr an den Namen der deutschen Schauspielerin, die in einem Interview gesagt hat: ‚Jetzt bin ich 78 Jahre alt und habe mein ganzes Leben hart daran gearbeitet, möglichst viele Lachfältchen zu kriegen.”Ich sehe es ähnlich. Falten sind die Summe deiner Lebenserfahrungen. Sie machen deine Persönlichkeit aus. Je mehr Lachfalten rund um die Augen, umso mehr sehen die Menschen, dass du Humor hast. Natürlich denke ich manchmal daran, dass ich mich hier und da straffen lasse, wenn ich erst einmal 60 bin - aber letztlich werde ich zu feige sein. Denn was ist, wenn das schiefgeht, einige Muskeln gelähmt sind und ich am Ende noch schlimemr aussehe? Ich verurteile die Plastische Chirurgie nicht, nur ich persönlich werde nicht mutig genug sein, um sie in Anspruch zu nehmen. Und dann glaube ich, dass viele Menschen nicht erfüllt sind in ihrem Leben. Wenn es nur auf äußere Schönheit ankommt in dieser Bussibussigesellschaft, auf schicke Kleider - gut, dann kann man nicht viel mehr tun als sich liften zu lassen. In den USA schaut ja schon jede Frau aus wie geklont mit den dick aufgespritzten Lipepn und dem glatt gespannten Gesicht.

Apropos Bussibussigesellschaft. Wie schwierig ist es für Sie,  echte Freunde zu gewinnen, die sich nicht  nur im  Glanz Ihrer Berühmtheit sonnen wollen?

G: Schwer.

Ch: Für uns ist völlig klar, wer unsere Freunde sind und wer nicht.

G: Am Anfang trafen wir hier in WienMenschen, von denen wir annahmen, es würden unsere Freunde. Aber sie hatten es nur auf unsere Prominenz abgesehen. Wenn ich eine Freundschaft beginne, dann gebe ich alles. Und wenn man dann entdecken muss, diese Menschen wollten einen nur ausnützen, ja, dann tut das sehr weh. Man wird zunehmend misstrauischer.

Ch. Mit Freunden gibt es keine Sicherheit. Es ist wieder Risiko. Man kann nicht sagen, über dies und jenes wollen wir nicht reden. Es ist verletztend, wenn man viel von sich preisgegben hat und die anderen wollen nur die Prominenz. Wir pflegen keine losen Freundschaften. Entweder wir haben  Freunde, dann sind es enge Freunde. Oder sie sind  es gar nicht.

Wollten Sie immer Sängerin, immer Dirigent werden?

G: Wie alle kleinen Mädchen wollte ich Schauspielerin werden. Mein Vater war Chordirignet, meine Mutter arbeitete als Stimmtrainerin am Theater, ich ging immer nach der Schule zu ihr, machte meine Hausübungen in der Kantine. Aber besuchte die Vorbereitungskurse für Schauspiel, aber bei der Prüfung fiel ich durch: sie sagten, ich hätte kein Talent und wäre außerdem zu groß. Ich war deprimiert, ging schlafen, wachte am nächsten Morgen auf und sagte, dass ich Opernsängerin werde.

Ch: Ich wollte immer Musiker werden, obwohl ich in einer völlig unmusikalischen Familie aufwuchs. Wir hatten kein Klavier, also malte ich Klaviertasten auf Papier auf, das ich am Küchentisch aufbreitete und spielte. Ich studiert Klavier, später Orgel in London. (Lächelt) Doch, ich dachte auch einmal daran, Rechtsanwalt zu werden. Aber schließlich wurde es doch die Musik.

G: Ich glaube, man muss Talent haben, um ein guter Anwalt zu sein. Aber Musik zu verstehen, Musik zu transformieren: das ist eine GabeRecht kann man lernen, die einen besser, die anderen schlechter. Aber es gibt etwas in der Kunst, das kann man nicht lernen. Das ist ein Geschenk.

 

 

 

 

 

 



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