Markus Hering, EURO, Luc Perceval, Festwochen, Troilus und Cressida | Andrea Schurian Schurian,Andrea+Schurian,

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30
Mai

Rund um EURO, Festwochen und Hering: Unverrückbare Erkenntisse

Unverrückbare Erkenntnisse, römisch eins: das Leder ist rund, die Euro bald angepfiffen und noch schwelt in Wien der Streit, wo Fanmeilen und wo sicher nicht. Leider hat sich die Donauinselfraktion nicht durchgesetzt, weshalb der Ring bald   teilgesperrt, das Burgtheater ganz zu und   die Prater Hauptallee längst von Containerklos gesäumt ist.  Statt der   Straßenbahnlinie 21, die gegen heftige Bevölkerungsproteste eingestellt wurde, was ewig schade ist, weil: runter in die U-Bahn, rauf in den Bus, rüber in die Straßenbahn ist für betagtere und fußmarode Menschen schwer zu bewältigen, also statt dem 21er gibt es die neue U2 und über die darf geschwärmt werden. nur die neuen Stationen sind noch ein bisschen frosttemperiert.  Der Bahnhof am Praterstern wurde im Zug der EURO vom städtebaulichen Schmuddeleck zum schlichten, weltstädtischen Architektur-Statement - Albert Wimmer und seinem Architekturbüro sei dank. Nur ein paar Schritte weiter herrscht, architekturmäßig gesehen, allerdings das sehr große Huch. Warum man im Jahr 2008 am Pratereingang  ein „Wien um 1900″ implantiert, weiß vermutlich nur die politisch dafür verantwortliche Wiener Vizebürgermeisterin Grete Laska; Klarheit herrscht hingegen darüber, dass wir Wienerinnen und Wiener draufzahlen,  nämlich 32 Mio. Euro, die diese Kitsch- und Quatschorgie  kostet.

Unverrückbare Erkenntnisse, römisch zwei: Mai/Juni ist Wiener Festwochenzeit. Der belgische Theatermann Luc Perceval  sollte  bei diesem  frühjährlichen Fitness- und Welness-Programm für Herz und Hirn unbedingt und in  alle Ewigkeit  fixstarten.  Seine Interpretation von   Shakespeares „Troilus und Cressida” war überwätligend; ja,  genauso muss Theater sein; danke, dass die griechischen Götterschlachten nicht in aller epischen Breite werkgetreu nachdeklamiert, sondern verdichtet  wurden zu aufregenden,  mitunter sehr komischen, berührenden, aufwühlenden, allgemeingültigen zwei Welttheatersternstunden über Gewaltgeilheit, Kriegsmüdigkeit, Aussichtslosigkeit und Liebe, ja,  um die ging es auch am Rande.  Bühnenbild, Kostüme: alles großartig, und erst  die Schauspieler! Ich wüsste nicht, bei wem beginnen und wo enden im großen Lob.

Unverrückbare Erkenntnisse, römisch drei: Welttheatersternstunden finden  auch jenseits  von festen Wochen statt. Z.B. im Wiener Akademietheater. Markus Hering in Gert Jonkes „Freier Fall” ist schlicht genial. Der Poet Jonke hat ein  unbeschreiblich absurd-apokalyptisch-schön-komisch-wortgewaltiges Stück dem wunderbaren Selbstmordspezialisten-Künstler-Helfer-Träumer-Liebhaber-Menschendarsteller Hering sozusagen an den Leib gedichtet.  Verständlich.  Markus Hering ist einer der herausragenden  Männer auf deutschsprachigen Bühnen. Vermutlich der herausragendste.

Und nun  das Beste zum Schluss, Triumph der Kunst über den Sport: auch nach der EURO wird im Akademietheater immer noch frei gefallen.



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