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Andrea Schurian

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14
Aug

Reisen bildet - Designhotels

Die Ferien sind vorbei, die schönste Zeit im Jahr ist man  in Balkonien geblieben oder  in die Ferne geflogen,  durch kranke Wälder marschiert, in heimischen Seen geschwommen, verschwitzt oben auf den Gipfeln gestanden in aller Ruh, hat das himmlische Abend-Babyrosa bestaunt, sich sonnenbescheinen, regenberieseln und verwöhnen lassen. Man hat sich zu diversen Festspielereien begeben in tollster Abendmontur, hat Erholung und Kultur konsumiert,  detto italienische Weine, griechische Salate, malaysischen Reis, Salzburger Nockerln, indonesische Gewürze, österreichische Grillwürstchen, japanische Fischröllchen, amerikanische Hamburger. Man hat vorsichtig hinter kuhdreckverputzte Fassaden geblickt, ist bis zur Erschöpfung durch Städte getrottet und  sodann zurückgekehrt ins Hotelzimmer,  um die Blasen an den Füßen als touristische Trophäen zu bestaunen.  Edles Holz, samtweicher Spannteppich, die Minibar wohlsortiert, gutduftende Wässerchen und Cremes im Marmorbad, man schamponiert sich vergnügt das Haar mit Kamillehoniggel, schrubbelt sich mit zentimeterdick-kuscheligem Frottee ab, nimmt den Fön zur Hand, lustwandelt Richtung Panoramaspiegel, sucht frohgemut nach dem Stecker - und: denkste! Keiner da. Suchaktion. Immerhin ist das Hotel von einem berühmten Architekten gebaut, jedes Detail, so hat man es in der PR-Broschüre gelesen, jedes Detail ein kleines Kunstwerk, eine Hommage an traditionelle Landeskultur und internationale Kunst von morgen. Man wird schließlich in der Ecke neben dem Bett  fündig, Stecker ist da, aber  dafür kein  Spiegel. Mit dem Puderdosenpiegelchen in der linken, dem Fön in der rechten und der  Bürste in - ja, in welcher Hand? - macht man sich leicht missgelaunt ans Verschönerungswerk.Solcherart sensibilisiert für die technischen Macken der teuren Architektenbude entdeckt man womöglich ferner auch noch, dass der Klopapierhälter in denkbar schlechtem Winkel zum Klo hängt, nur mit zirkusverdächtigen Verrenkungen kriegt man das Papier  zwischen die Finger,  montiert die Rolle aus dem Designerding, stellt sie sich griffbereit vor die Füße, vergisst sie natürlich und kann sich - Stunden später - ausgiebig über ein klitschnasses, trauriges Klopapierröllchen ärgern; denn die Dusch-Glastür ist zwar formschön, aber undicht. Je nach Kontostand logiere ich auf meinen Reisen in tollsten Hotels oder bescheidensten Hütten, die  Liste an hotelarchitektonischen Mängeln und Gedankenlosigkeiten gerade bei Luxusherbergen ist ellenlang.Nach  innen aufgehende Klotüren in taschentuchkleinen Design-Bädern lösen  nicht nur bei korpulenteren Menschen klaustrophischen Frust aus. Oder, Hilfe,  Zimmer mit Fensten zum  überdachten Innenhof. Da stinkt es zwar garantiert nicht nach Abgasen, aber dafür nach Zigarettenrauch vom Nachbarzimmer; und klangvollendet sammelt sich unter der Glaskuppel das Gelächter, Geschnarche, Geschnattere und TV-Geplärre aller um den Innenhof gruppierten teuren Zimmer zu einer schlafraubenden Geräuschkulisse. Weil wach, würde man nun zumindest gern vom Bett aus  fernsehen, aber leider hat der hochangesehene STararchitekt das Fernsehgerät in den Kasten eingebaut, dessen geöffnete Tür - erraten! - die Sicht verstellt. Lesen ist auch keine Alternative,  denn die Nachttischlampe ist eher ein unscheinbares Funserl. Letztens bin ich auf 1.340 Schafe gekommen. Dann habe ich einer fremden Stadt beim Aufwachen zugeschaut.



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