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06
Mai

Hubert Schmalix: Alpenkönig oder Menschenfreund

An die fünfzig Werke hat der in Los Angeles lebende österreichische Künstler eigens für diese Schau gemalt. Am 5. Mai wurde die Ausstellung im Kunstforum Wien eröffnet-

       Hubert Schmalix, Standing on both Legs, 2014, Öl auf Leinwand, 300 x 245 cm © Courtesy the artist      Hubert Schmalix, Hunting Lodge, 2014, Öl auf Leinwand, 175 x 130 cm © Courtesy the artist        Hubert Schmalix © Lee Thompson, 2015 Fotos: Lee Thomson, Courtesy Hubert Schmalix

Entweder entvölkerte Welten oder einsame Wesen. Nackter, auf sich zurückgeworfener Mensch oder Landschaft. Und der Künstler: Alpenkönig oder Menschenfreund?Hubert Schmalix hat eigens für die Ausstellung im Kunstforum Wien die teilweise riesigen Formate geschaffen. Zarte, zerbrechliche Frauenakte, schablonenhaft in das Formen- und Farbengewirr von Teppich- oder Glasfenstermustern platziert: seitlich, kopfüber am Wandteppich hängend, gekrümmt, selbstbewusst, bildmittig, an den Rand gedrängt. Ölgemälde wie Muster einer chaotischen Welt, die von jedem Einzelnen immer aufs Neue bewältigt werden muss. Schönheit ist kein Tabu in diesem feingemalten Kunstuniversum, Ornament kein Verbrechen und Fläche nicht oberflächlich, sondern ein Über- und Nebeneinander von Formen und Farben.

Und Schmalix hat für das Kunstforum prototypische, menschenleere, serielle Fantasielandschaften wie nach Zahlen gemalt. Natur pur, befreit von Menschen, die Berge hoch, der Himmel leuchtend, die Felsen schroff, die Alpen glühend, die Hütte einfach, der Wasserfall wogend. “Ich möchte nur malen, abends mich bei schlechtem Licht und guter Musik wie ein Kind hineinversenken in eine Welt, die zu nichts Bezug hat, nur zu mir.”

Zunächst also Skizzen auf Karton, später die Projektionen auf die Leinwände, feinsäuberlich die Farben in die dicken Umrandungen gepinselt. Klischeebilder, schroff an der Grenze zum Kitsch, gebrochen durch nachtschattige, merkwürdige Farben, unterstrichen durch einige lila Wände im Kunstforum. “Ich liebe es, über die Grenzen zu gehen. Nur genau bis zur Grenze: Das wäre mir langweilig”, sagt Schmalix auf dem Rundgang durch die Ausstellung. Nicht der Bildinhalt interessiert ihn, sondern die abstrakte Erzählung von Schönheit. “Aber ich brauche eine Grundlage, eine Basis, von der aus ich abstrahieren kann. Ganz abstrakt: Da würde mir der Halt fehlen.”

Letzte Adjustierungen werden vorgenommen, Beschriftungen angebracht, Licht eingerichtet. “Das Bild da kommt noch ein bissl höher. Und diesen Schinken hängen wir dann dorthin”, sagt einer der Ausstellungsarbeiter. “Schinken? Das ist wirklich das größte Kompliment”, sagt Schmalix. “Denn mich beschäftigt die Frage, was guter Geschmack ist. Ich hasse es, wenn man übereinkommt, was richtig ist und was falsch. Das möchte ich zerstören. Mit den Überzeichnungen möchte ich mich herausgraben aus dieser Gefangenschaft der Akademismen.”

Entfernt erinnern manche Werke an die mitunter grobschnitzige Ästhetik Albin Egger-Lienz’; oder, bei anderem Hinschauen, an David Hockneys extravagant kolorierte Landscapes; sie sind in gewisser Weise seelenverwandt mit Henri Matisses Art Decorative, mit Andy Warhols serieller Pop Art und zuletzt auch mit den künstlerischen Gesetzlosigkeiten der Neuen Wirklichkeiten (Peter Pongratz’ Jesus als guter Hirte aus dem Jahr 1971 befindet sich in Schmalix’ privater Kunstsammlung). Vor allem aber erinnert Schmalix – an Schmalix.

Kein wilder Hund

Immer noch wird er allerdings mit seiner Kurzzeitmitgliedschaft bei den Neuen Wilden zwischen 1979 und 1983 verortet. Das sagt wenig bis gar nichts über seine Kunst aus, aber doch ziemlich viel über eine Szene, die solche Zuschreibungen und Trademarks zur einfacheren Schubladisierung offenbar braucht. Aber Schmalix, der seit 1987 in Los Angeles lebt und arbeitet und dort auch viele Jahre unterrichtete, ist kein wilder Hund. Zumindest nicht vordergründig. Er ist eher wie seine Malerei: strukturiert, zielgerichtet, punktgenau. Authentisch.

Ehe er sich Ende 2014 daheim in L.A. ans Malen machte, vermaß der 1952 in Graz geborene Künstler, der an der Akademie der bildenden Künste in Wien bei Max Melcher studierte, Wände und Raumdimensionen des Kunstforums. Abgesehen von ein paar älteren Arbeiten in den Kabinetten wie den Camouflagebildern von 1995 – collageartige, fast abstrakte, hellleuchtende an Farbfeldmalerei erinnernde Werke – sowie Frauenakte aus den Jahren 2005/06 – Gouachen auf Karton –, plante er ziemlich präzis, für welchen Raum er welches Bild malte. Wusste, wo etwa “Right Leg to the Side” hängen und an welche Wand das acht Meter lange Landschaftspanorama “Just Remembering” passen würde. “Jedes Mal, wenn ich hierhergekommen bin, dachte ich, man müsste etwas für diese Räume malen”, sagt er zufrieden. “Schaut doch super aus.”

erschienen in Der Standard am 6.5. 2015



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